„IDD-Umsetzung – Tod der Maklerschaft?“

Kategorien: Recht3,4 min readSchlagwörter:

Mit der für den 23. Februar 2018 verbindlich vorgesehenen Umsetzung der IDD (Insurance Distribution Directive) der Europäischen Union wird sich der Versicherungsmarkt nachhaltig verändern. Das sind die wesentlichen Änderungen kurz zusammengefasst:

  • Erweiterung der Produktprüfungspflichten auch auf den Vertrieb (Art. 30, Abs.1 iVm Art. 25, Abs.1, UAbs. 6)
  • Fortlaufende Produktbeobachtungspflicht bei IBIPs (Investment Based Insurance Products; Art. 30, Abs. 5)
  • Verpflichtung zur Übermittlung „aktiver Warnhinweise“ an den Kunden (Art. 30, Abs. 2)
  • Qualifikation des angestellten Innendienstes mit „unmittelbarem Kundenkontakt“ (Art. 10, Abs. 2)
  • Detaillierte Risikoprüfung sämtlicher Software-Angebote im Kundeninteresse (Art. 30, Abs. 1 sowie Art. 17, Abs. 1 iVm Art. 29, Abs. 3)


Alle diese Regelungen bedeuten für den Vertrieb eine Erhöhung des ohnehin schon nicht unerheblichen Zeitaufwands für Verwaltung, Logistik und Dokumentation. Es bleibt immer weniger Zeit für die eigentliche Kerntätigkeit des Vertriebs, die Kundengewinnung, -beratung und -betreuung. Gleichzeitig erhöhen sich die erforderlichen Investitionen, z. B. in Ausbildung und Personal, wenn zur Erfüllung der o.g. Pflichten Kapazitäten im Produktmanagement aufgebaut oder eingekauft oder Ressourcen zur Marktbeobachtung im Rahmen der Verpflichtung zu „aktiven Warnhinweisen“ abgestellt werden müssen.
Diese ohnehin schon nachhaltigen Veränderungen wurden durch den Referentenentwurf des Deutschen Gesetzgebers vom 21. November 2016 noch verschärft. Ohne Not wurden hier über den von der IDD gesetzten Rahmen hinaus Verschärfungen eingeführt, die insbesondere zu Lasten der Maklerschaft gehen. Im Wesentlichen handelt es hier um folgende Änderungen:

  • Bewertung des Versicherungsmaklers als Provisionsvermittler für die Versicherungsunternehmen mit der Konsequenz eines Honorarverbots und des Verbots für Service- und/oder Dienstleistungspauschalen, § 34 d Abs. 1, Ziff. 2 GewO (neu)
  • Beibehaltung eines grundsätzlichen Provisionsabgabeverbots – allerdings mit Ausnahmen für den Ausschließlichkeitsvertrieb gem. § 48 b VAG (neu) und (indirekt) für den Honorar-Versicherungsberater gem. § 48 c VAG (neu)
  • Streichung des sog. „Versichererprivilegs“ aus § 6, Abs. 6 VVG, wonach das Versicherungsunternehmen keine Nachberatungsverpflichtung traf, wenn der Vertrag von einem Makler vermittelt wurde

Nicht ohne Grund wird diese Verschärfung sogar bereits als „Eingriff“ in Artikel 12 GG (Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) gewertet . Denn mit dem Status eines Vermittlers, der seine Vergütung „ausschließlich vom Versicherungsunternehmen bezieht“, wird dem Makler zum einen die Möglichkeit genommen, gegen eine Dienstleistungs- oder Schadenspauschale im Schadenfall tätig zu werden, wenn er den Vertrag nicht vorher selbst vermittelt hat. Zum anderen wird ihm faktisch die Möglichkeit genommen, seinen Kunden sogenannte „Netto-Tarife“ anzubieten, die ohne Provisionen kalkuliert sind. Anders ist die Regelung für den „Honorar-Versicherungsberater“.
Dieser ist zwar angehalten, seinen Kunden möglichst derartige Tarife anzubieten, er hat aber auch die Möglichkeit, sogenannte „Brutto-Tarife“ zu vermitteln. In diesem Fall regelt das zukünftig vorgesehene „Durchleitungsgebot“ gem. § 48 c VAG (neu), dass das Versicherungsunternehmen auf Mitteilung des Honorar-Versicherungsberaters dem Kunden bis zu 80 % dieser Zuwendungen auf dessen Prämienkonto für diesen Vertrag gutzuschreiben hat.
Bei Ausschließlichkeitsorganisationen wird dieses Verbot nicht angewendet, wenn die Zahlung an den Kunden „zur dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung des vermittelten Vertrags verwendet wird.“ Vorstellbar ist hier, dass ein bestehendes Agenturnetz als Qualitätsverbesserung (und damit Leistungsverbesserung) angesehen wird und Versicherungen somit über ihre Ausschließlichkeitsorganisation faktisch eine Provisionsabgabe vornehmen können.
Schlussendlich muss der Makler zukünftig auch um seinen Kundenschutz fürchten, wenn die Regelung des Referentenentwurfs im Gesetz Umsetzung findet. Denn dann werden die Versicherer verpflichtet, den Kunden auch nach Vertragsabschluss nach Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und sie zu beraten – und zwar auch, wenn diese Kunden von einem Makler betreut werden. Der Makler muss dann jederzeit damit rechnen, dass eine Abwerbung seiner Kunden durch einen Vertreter der Gesellschaft erfolgt, deren Vertrag er – aus guten Gründen – beim Kunden platziert hat.
Vor dem Hintergrund dieser umstrittenen Regelungen des Referentenentwurfs wird von Kommentatoren sogar der Tod der Maklerschaft heraufbeschworen. Größtenteils zu Recht, wie die Analyse oben zeigt. Jedoch werden die heftig geführten Diskussionen voraussichtlich zu Änderungen im Gesetzesentwurf führen, über die im Rahmen dieses Newsletters laufend berichtet wird. Welche Möglichkeiten sich Vertrieben darüber hinaus bieten, sich auf die veränderte Situation einzustellen, erfahren Sie in Kürze in einem Sonder-Newsletter.


[1]Vgl.: Norman Wirth: IDD-Umsetzung: Frontalangriff auf den Maklerberuf. In: Finanzwelt online vom 28.11.2016. http://www.procontra-online.de/artikel/date/2016/11/idd-umsetzung-frontalangriff-auf-den-berufsstand-des-versicherungsmaklers/

„IDD-Umsetzung – Tod der Maklerschaft?“

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Mit der für den 23. Februar 2018 verbindlich vorgesehenen Umsetzung der IDD (Insurance Distribution Directive) der Europäischen Union wird sich der Versicherungsmarkt nachhaltig verändern. Das sind die wesentlichen Änderungen kurz zusammengefasst:

  • Erweiterung der Produktprüfungspflichten auch auf den Vertrieb (Art. 30, Abs.1 iVm Art. 25, Abs.1, UAbs. 6)
  • Fortlaufende Produktbeobachtungspflicht bei IBIPs (Investment Based Insurance Products; Art. 30, Abs. 5)
  • Verpflichtung zur Übermittlung „aktiver Warnhinweise“ an den Kunden (Art. 30, Abs. 2)
  • Qualifikation des angestellten Innendienstes mit „unmittelbarem Kundenkontakt“ (Art. 10, Abs. 2)
  • Detaillierte Risikoprüfung sämtlicher Software-Angebote im Kundeninteresse (Art. 30, Abs. 1 sowie Art. 17, Abs. 1 iVm Art. 29, Abs. 3)


Alle diese Regelungen bedeuten für den Vertrieb eine Erhöhung des ohnehin schon nicht unerheblichen Zeitaufwands für Verwaltung, Logistik und Dokumentation. Es bleibt immer weniger Zeit für die eigentliche Kerntätigkeit des Vertriebs, die Kundengewinnung, -beratung und -betreuung. Gleichzeitig erhöhen sich die erforderlichen Investitionen, z. B. in Ausbildung und Personal, wenn zur Erfüllung der o.g. Pflichten Kapazitäten im Produktmanagement aufgebaut oder eingekauft oder Ressourcen zur Marktbeobachtung im Rahmen der Verpflichtung zu „aktiven Warnhinweisen“ abgestellt werden müssen.
Diese ohnehin schon nachhaltigen Veränderungen wurden durch den Referentenentwurf des Deutschen Gesetzgebers vom 21. November 2016 noch verschärft. Ohne Not wurden hier über den von der IDD gesetzten Rahmen hinaus Verschärfungen eingeführt, die insbesondere zu Lasten der Maklerschaft gehen. Im Wesentlichen handelt es hier um folgende Änderungen:

  • Bewertung des Versicherungsmaklers als Provisionsvermittler für die Versicherungsunternehmen mit der Konsequenz eines Honorarverbots und des Verbots für Service- und/oder Dienstleistungspauschalen, § 34 d Abs. 1, Ziff. 2 GewO (neu)
  • Beibehaltung eines grundsätzlichen Provisionsabgabeverbots – allerdings mit Ausnahmen für den Ausschließlichkeitsvertrieb gem. § 48 b VAG (neu) und (indirekt) für den Honorar-Versicherungsberater gem. § 48 c VAG (neu)
  • Streichung des sog. „Versichererprivilegs“ aus § 6, Abs. 6 VVG, wonach das Versicherungsunternehmen keine Nachberatungsverpflichtung traf, wenn der Vertrag von einem Makler vermittelt wurde

Nicht ohne Grund wird diese Verschärfung sogar bereits als „Eingriff“ in Artikel 12 GG (Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) gewertet . Denn mit dem Status eines Vermittlers, der seine Vergütung „ausschließlich vom Versicherungsunternehmen bezieht“, wird dem Makler zum einen die Möglichkeit genommen, gegen eine Dienstleistungs- oder Schadenspauschale im Schadenfall tätig zu werden, wenn er den Vertrag nicht vorher selbst vermittelt hat. Zum anderen wird ihm faktisch die Möglichkeit genommen, seinen Kunden sogenannte „Netto-Tarife“ anzubieten, die ohne Provisionen kalkuliert sind. Anders ist die Regelung für den „Honorar-Versicherungsberater“.
Dieser ist zwar angehalten, seinen Kunden möglichst derartige Tarife anzubieten, er hat aber auch die Möglichkeit, sogenannte „Brutto-Tarife“ zu vermitteln. In diesem Fall regelt das zukünftig vorgesehene „Durchleitungsgebot“ gem. § 48 c VAG (neu), dass das Versicherungsunternehmen auf Mitteilung des Honorar-Versicherungsberaters dem Kunden bis zu 80 % dieser Zuwendungen auf dessen Prämienkonto für diesen Vertrag gutzuschreiben hat.
Bei Ausschließlichkeitsorganisationen wird dieses Verbot nicht angewendet, wenn die Zahlung an den Kunden „zur dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung des vermittelten Vertrags verwendet wird.“ Vorstellbar ist hier, dass ein bestehendes Agenturnetz als Qualitätsverbesserung (und damit Leistungsverbesserung) angesehen wird und Versicherungen somit über ihre Ausschließlichkeitsorganisation faktisch eine Provisionsabgabe vornehmen können.
Schlussendlich muss der Makler zukünftig auch um seinen Kundenschutz fürchten, wenn die Regelung des Referentenentwurfs im Gesetz Umsetzung findet. Denn dann werden die Versicherer verpflichtet, den Kunden auch nach Vertragsabschluss nach Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und sie zu beraten – und zwar auch, wenn diese Kunden von einem Makler betreut werden. Der Makler muss dann jederzeit damit rechnen, dass eine Abwerbung seiner Kunden durch einen Vertreter der Gesellschaft erfolgt, deren Vertrag er – aus guten Gründen – beim Kunden platziert hat.
Vor dem Hintergrund dieser umstrittenen Regelungen des Referentenentwurfs wird von Kommentatoren sogar der Tod der Maklerschaft heraufbeschworen. Größtenteils zu Recht, wie die Analyse oben zeigt. Jedoch werden die heftig geführten Diskussionen voraussichtlich zu Änderungen im Gesetzesentwurf führen, über die im Rahmen dieses Newsletters laufend berichtet wird. Welche Möglichkeiten sich Vertrieben darüber hinaus bieten, sich auf die veränderte Situation einzustellen, erfahren Sie in Kürze in einem Sonder-Newsletter.


[1]Vgl.: Norman Wirth: IDD-Umsetzung: Frontalangriff auf den Maklerberuf. In: Finanzwelt online vom 28.11.2016. http://www.procontra-online.de/artikel/date/2016/11/idd-umsetzung-frontalangriff-auf-den-berufsstand-des-versicherungsmaklers/